Trampend von Tromsø auf die Lofoten

~ Tag 11 ~

Datum: Montag, 11.10.2010
Wetter: bedeckt, Schneeregen, 4 °C

Strecke: Vaterfjorden – Raftsundtunnelen – Fiskøy – Tjeldsundbrua – Evenes  (~ 155 km)
Unterkunft: Zelt

Als wir um kurz nach 7 Uhr aufstehen und aus dem Fenster schauen, sind wir trotz der dichten Wolkendecke froh – wenigstens kein Regen. Wir packen also unser Fotozeugs zusammen und machen uns auf den Weg, um auf eine kleine Anhöhe zu steigen, von der aus wir vielleicht einen schönen Blick über Husvågen und Austnesfjorden haben, zwischen denen sich diese erhebt.

Und wie kann es anders sein: Nach einer knappen Stunde, die uns ohne Regen vergönnt war, fallen schon wieder die ersten Tropfen und wir gehen zurück ins Tal. In der Hütte wird dann erst einmal gefrühstückt, bevor wir noch eine Dusche nehmen und dann unsere Rucksäcke packen. In der Zwischenzeit ist aus den paar Tropfen wieder ein satter Dauerregen geworden und nachdem wir unseren Schlüssel abgegeben haben überlegen wir, was wir nun tun sollen. Vor dem Campingplatz gibt es keinerlei Schutz und wir wollen nicht schon zu Beginn des Tages schon wieder klitschnass werden. Grunsätzlich ist das ja kein Problem, wenn alle Regensachen wirklich dicht sind, aber meine uralte GoreTex-Jacke hält den Fluten nie lange stand und auch die Regenhülle meines Rucksackes ist nicht dicht, weshalb ich inzwischen alle Sachen in Müllbeutel gepackt habe. Auch meine Schuhe halten trotz frischen Wachses vor dem Urlaub die Nässe nur zeitweise zurück.

Und während wir noch dastehen und uns beratschlagen, ob wir noch etwas abwarten oder uns dem nassen Schicksal beugen und dennoch losgehen, kommt unser Vermieter an uns vorbei und fragt, ob er uns mitnehmen könne. Er sei auf dem Weg in die Stadt nach Svolvær, das zwar in der entgegengesetzten Richtung liegt, aber wir wissen ja um die Bushaltestelle am Flughafen, in der wir wenigstens trocken auf einen Hike warten können.

Dort wird Micha kurze Zeit später fast umgefahren, als ein Mercedesfahrer hält, um uns mitzunehmen. Weit kommen wir mit dieser Mitfahrgelegenheit auch nicht – lediglich bis zur Bushaltestelle in Vestpollen, in deren Nähe wir vorgestern unser Zelt stehen hatten. Der Regen geht wieder einmal in Schneeregen über, aber diesmal weht er wenigstens nicht waagerecht in die Bushaltestelle hinein. So bleiben wir halbwegs trocken während wir warten. Es ist kaum Verkehr und die Straße hier ist ziemlich schlecht einzusehen, so dass wir meist nur nach Gehör an die Straße flitzen können – und das auch noch oft umsonst, wenn die Geräusche mal wieder von entgegenkommenden Autos verursacht worden. Manchmal schließen wir sogar Wetten ab, aus welcher Richtung das Geräusch kommt.

Nach über einer Stunde hält dann endlich doch jemand und wir kommen 35 Kilometer weiter, bis zum Eingang des Raftsundtunnels. Hier bietet ein kleines Elektrohäuschen gerade mal Schutz für unsere Rucksäcke – wir stehen wieder einmal ungeschützt im Schneeregen und es wird mit der Zeit erbärmlich kalt.

Nach scheinbar endloser Warterei nimmt uns endlich ein junger Mann mit, der auf dem Weg zu seiner Hütte ist, wo er heute noch auf Waldhuhnjagd gehen will, bevor er (leider erst morgen) nach Tromsø aufbricht. Er hat seine Skier im Gepäck und will dort mit Freunden zum Skifahren gehen. Wir sind entgeistert…so viel Schnee soll dort nun schon liegen?! Als sich entlang unserer Strecke am Tjeldsund einmal die Sonne auf den Schneebergen zeigt, lassen wir uns auf einem kleinen Parkplatz absetzen, um wenigstens ein paar schöne Fotos mit Licht zu machen, aber das kleine Stelldichein der Sonne währt wieder einmal viel zu kurz.

So stehen wir schon kurz darauf – und wieder einmal schutzlos – in der nächsten aufziehenden Schneeregen-Front. Es sind nur noch 2°C und wir frieren bald ziemlich heftig. Um mich etwas abzulenken, pflücke ich während der Wartezeit ein paar Blaubeeren, aber bald darauf sind meine bloßen Finger fast erfroren. Endlich hält dann ein Schwarzer, aber er will eigentlich nur noch einen Kilometer weiter, weshalb wir beschließen, nicht erst mitzufahren. Schließlich beschließt er jedoch, uns so weit zu bringen, wie wir wollen – sogar bis Bjerkvik, was noch ewig weit entfernt ist! – würde er uns fahren. Einfach nur nett! Letztlich lassen wir uns an der Tjeldsundbrua (bei unserem ersten Nachtlager) absetzen und danken ihm nochmal herzlich.

Als wir dort aussteigen, bietet sich an den umgebenden Berghängen ein faszinierendes Lichtsschauspiel, als die tief stehende Sonne kurz zwischen schneeschweren Wolken hervorlugt. Wir machen davon unzähliche Fotos (so lichthungrig, wie wir im Moment sind) und erst, als uns die ersten Schneeflocken um die Ohren wehen, suchen wir Schutz im Tjeldsundbrua-Hotel.

Draußen zieht nun ein richtiger Schneesturm heran und dicke Flocken wirbeln vor der gläsernen Eingangstür des Hotels herab. Micha fragt spontan aus dem Bauch heraus mal nach dem Preis für eine Nacht, aber 950 NOK (~ 126 € p.P.!) sind trotz Schneesturmes absolut undenkbar und so hüllen wir uns wieder in die dicksten Sachen, ziehen Mütze und Handschuhe über und stellen uns um kurz vor 17.00 Uhr wieder an die Straße…

Zum Glück müssen wir diesmal nicht lange warten und kommen mit unserem nächsten Hike bis zum Flughafen Evenes,wo uns unser Fahrer an einer Statoil-Tankstelle herauslässt. Wir trinken dort einen heißen Kakao und kaufen uns eine Tafel Frust-Schokolade, dann versuchen wir noch ein Stück weiter zu trampen, aber als es schließlich dunkel wird und uns niemand mitnimmt, geben wir es für heute auf. Wir schlagen unser Nachtlager in einem dichten Fichtenwäldchen ein paar Hundert Meter hinter der Tankstelle auf. Es ist saukalt, aber wenigstens regnet es jetzt nicht mehr, sondern es schneit in kleinen Flocken – so werden wir zumindest nicht mehr ganz so nass. Wir kochen uns noch einen Topf voll heißem Pilz-Reis, der uns wenigstens ein Bisschen den Bauch wärmt, bevor wir gegen halb zehn in die Schlafsäcke kriechen.

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