Raureif & Eis auf dem Lilienstein

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Datum: Montag, 5. Dezember 2016
Strecke: 5,5 km (Königstein/Halbestadt – Lilienstein – Königstein/Halbestadt)

Reine Gehzeit: 02:49:40
Durchschnittsgeschwindigkeit ohne Pausen: 1,9 km/h
Höhenmeter im An- & Abstieg: 480 m / -528 m
Minimale/Maximale Höhe: 90 m / 415 m

Charakter: Kurze Wanderung mit teilweise steilem Anstieg (Treppen und Metallstiegen) auf den Lilienstein. Der Nordaufstieg ist etwas moderater zu begehen. Steigt man dann über den Südaufstieg ab, kann man eine schöne Runde laufen. Viele schöne Aussichtspunkte auf dem Rundweg um das Gipfelplateau mit Blick in alle Himmelsrichtungen bis hin nach Dresden und in die Böhmische Schweiz.

Einkehrmöglichkeit: Felsbaude Lilienstein

Bei Sonnenschein und frostigen Temperaturen um -5°C hatte ich am Montag Lust auf eine kleine Runde, hinauf auf meinen Hausberg, den Lilienstein. Es ist erst gegen 14 Uhr, doch die Sonne steht tief um diese Jahreszeit und leuchtet in sattgelben Farben durch das blattlose Unterholz. Es geht straff hinan, gleich hinter der Wohnungstür und dieser erste Anstieg bis auf die Ebenheit vertreibt schnell die Kälte aus den Gliedern. Minustemperaturen und Nebel ließen in den den Nächten zuvor überall Raureif wachsen. In den schattigen Bereichen bezuckerte er noch die Blätter am Boden.

Ich entscheide mich für den bequemeren Nordaufstieg und umrunde deshalb zunächst den Lilienstein an seinem Fuße, bevor es auf dessen Nordseite über Treppen und Stiegen wieder bergan geht. Dunkel, kalt und winterstarr wirkt der Wald hier im Schatten des großen Tafelberges. Nicht ein einziger gefiederter Geselle ist zu hören, kein Rascheln im welken Laub. Alles ist still und unwirtlich hier.

Schließlich erreiche ich das Gipfelplateau und kann von der ersten Aussicht weit über die Elbe bis hin zur Bastei blicken. Die Luft ist nicht klar heute, aber der warm leuchtende Dunst über der Landschaft bildet einen schönen Kontrast zu den blaukalten Schatten am Berg. Ich ziehe mir meine dicke Winterjacke wieder über, dir mir beim Aufstieg zu warm wurde, und laufe weiter vor zur nördöstlichen Aussicht. Der Blick in die hintere Sächsische Schweiz bleibt mir durch den Dunst heute verwehrt. Dafür begeistern mich die raureifumkrusteten Frostgestalten der Bäume und die eisbehangenen Heidekräuter als Fotomotive.

Bald schon wird die Sonne untergehen. Ihre goldenen Strahlen durchdringen bereits in tiefem Winkel den lichten Wald hier oben. Wie verzaubert sehen dadurch die Pflanzen aus. Spitz wie Nadeln umschließt der Raureif in den schattigen Bereichen noch Zweige und Äste der Bäume. Das Licht funkelt, glitzert und bricht sich im kristallenen Kleid der Winterbäume. Fast kann man es knistern hören, wenn ein eisiger Windhauch diese zerbrechlichen Spitzen zerbricht und deren Fragmente durch die Luft wirbelt wie schwerelosen Eisstaub.

Ich reiße mich los von diesem zauberhaften Anblick und laufe weiter zum nächsten Aussichtspunkt, ganz im Osten des Tafelberges. Tief unter mir im Tale liegt still und friedlich mein Heimatort Königstein und weiter bis nach Bad Schandau reicht mein Blick. Eine einsame kleine Kiefer trotzt hier den unwirtlichen Bedingungen und bietet einen schönen Blickfang.

An den Aussichten an Südseite scheint das Gebirge fast aus sich selbst heraus zu leuchten. Es wird nur noch kurze Zeit dauern, bis die Sonne endgültig in den Wolkenbänken hinter der Festung versinkt, aber bis dahin taucht sie mit all ihrer Kraft die Landschaft noch einmal in ein einziges goldgelbes Strahlen. In ein paar verstreut auf dem Sandstein herum liegende Eisstücken bricht sich dieses wundervolle Licht tausendfach und verwandelt sie in vergängliche, glänzene Juwele.

Das letzte Stück meines Weges hier oben führt mich über einige Leitern zum zerklüfteten Westende des Gipfels. Ich komme vorbei an meiner Lieblingskiefer und mache seit langem auch von ihr wieder ein paar Fotos. Im Vergleich zu den ersten Aufnahmen vor acht Jahren, als ich hier ins Elbi zog, ist sie nicht besonders viel gewachsen. Kein Wunder bei den nicht gerade freundlichen Lebensbedingungen hier, so ausgesetzt auf blankem Fels. Sicher ist die Riffkiefer schon an die hundert Jahre alt und könnte uns viel erzählen von dem, was sie hier auf ihrem Platz weit droben über der Welt so alles gesehen hat. Als ich schließlich an der letzten Aussicht ankomme, ist die Sonne bereits untergegangen. Ein letztes rotes Leuchten spiegelt sich in auch hier liegenden kleinen Eisbrocken. Der stürmische Eiswind lässt mich jedoch nur noch kurz verweilen und einen letzten Blick hinab ins Tal werfen, denn meine Finger sind inzwischen fast taub vor Kälte und ich friere trotz der dicken Wintersachen.

Beglückt von all dem reichen Erleben und ziemlich durchgefroren trete ich nun den Heimweg an. Über die Stufen der Südseite des Liliensteins steige ich in der einsetzenden Dämmerung wieder hinab auf die Ebenheit. Auf der Bank am Bergfuß lasse ich mich aber noch ein Weilchen nieder. Ich hole meinen Thermosflasche voll heißem Apfeltee aus dem Rucksack und wärme mir damit Bauch und Hände, während die Dämmerung nun langsam in die Nacht übergeht. Hoch über dem Pfaffenstein steht klar und leuchtend der Sichelmond am Firmament und über der Festung vergeht der Tag im letzten glühendem Abendrot. Ich bin einfach nur glücklich und genieße diese einzigartigen Augenblicke in meinem wunderschönen Gebirge, bevor ich schießlich die letzten Meter ins Elbtal, hinab in die warme Stube zurücklege.

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