Trampend von Tromsø auf die Lofoten

~ Tag 12 ~

Datum: Dienstag, 12.10.2010
Wetter: Schneeregen, 2 °C

Strecke: Evenes – Narvik – Tjærreviken – Bjerkvik – Tromsdalen (~ 315 km)
Unterkunft: Campingplatz, Hütte

In der Nacht ist der Schnee wieder in Regen übergegangen und ich werde mehrmals davon geweckt. Als dann gegen 6.00 Uhr der Wecker klingelt und es noch immer regnet, drehen wir uns noch einmal in den Schlafsäcken um und schlafen noch einmal ein bis gegen sieben. In einer kurzen Regenpause packen wir unsere Sachen zusammen und gehen ohne Frühstück wieder hinunter zur Tankstelle. Schon kurze Zeit später nimmt uns ein Geschäftsmann mit, der nach Narvik unterwegs zu einem Termin ist. Er bietet uns an, uns bis dahin mitzunehmen. Micha fragt mich noch, ob wir wirklich so weit mitfahren wollen, oder nur bis Bjerkvik, und ich denke mir nichts groß dabei und sage Narvik, weil das ja weiter entfernt ist und Micha gibt sich damit zufrieden. An einem Einkaufs-Center lässt er uns heraus und wir kaufen dort gleich im RIMI ein. Drei mal Abendbrot, Kekse und eine weitere große Tafel Schokolade – Freia Melkesjokolase, absolut lecker!

Als wir dann wieder aus dem Einkauszentrum herauskommen und ich Micha, der immer die Karten zur Hand hat und die Routen plant, wie wir nun weiter trampen, antwortet er mir: „Na erstmal die 30 Kilometer bis Bjerkvik zurück.“ Jetzt wird mir einiges klar. Als ich Micha dann frage, warum er dazu im Auto nichts gesagt hat, dass unsere Route gar nicht über Narvik führt, meint er nur, er dachte ich wolle dort hin, weil wir dort vielleicht besser einkaufen können oder so… Tolle Kommunikation! 😉

Wir stehen dann wieder ewig an einer Ausbuchtung an der Straße neben einem ICA-EInkaufsmarkt und werden nicht mitgenommen. Es ist zwar recht viel Verkehr, aber entweder kommen nur LKW´s, Autos mit grünen Nummernschildern (vermutlich Dienstwagen), die sowieso nie halten und der Rest biegt zum ICA ab. Dazu setzt mal wieder Schneeregen ein, ab und zu sehen wir jedoch auch die Sonne und ein paar Fetzen Himmelblau. Da wir von hier jedoch nicht fortkommen, laufen wir noch ein Stück weit die Straße entlang, bis zu einem kleinen Campingplatz. Von dort aus nimmt uns dann zum Glück, als wir wieder einmal ungeschützt im Regen stehen, ein älterer Herr mit. Er setzt uns 15 Kilometer weiter nach der Rombaksbrua an einem Strandwäldchen am Ofotfjorden wieder ab, das – ohne den Regen – fast idyllisch wäre. Wenn es nicht so zeitig am Tag wäre, würden wir hier glatt unser Zelt aufschlagen. Doch wir müssen weiter und werden auch schon bald darauf von einem Fahrer bis Bjerkvik mitgenommen. Hier haben wir dann endlich wieder einmal eine geschützte Bushaltestelle zum Weitertrampen.

Wir müssen auch nur kurz warten, bis jemand hält und unst tatsächlich eine Mitfahrgelegenheit bis Tromsø anbietet, also für 215 Kilometer anbietet. Ganz so weit wollen wir jedoch nicht mitfahren, denn unser Rücklug geht schließlich erst in drei Tagen. Deshalb wollen wir irgendwo an einem schönen Fleck auf der Strecke dazwischen noch die letzten zwei Tage verbringen. Unser Fahrer hat auf seinem Pickup 600 kg Holzkohle geladen – dazu kommen dann noch wir mit unserem Gepäck – so hat der Wagen bergauf ganz schön zu kämpfen. Und apropos Berge: wir fahren nun durch ein komplett verschneites Hochland, wo sogar die Sonne sich mal wieder blicken lässt und eine herrliche Winterwelt anstrahlt. Aber kurz darauf fahren wir auch schon wieder in die nächste Regenfront hinein – hat das denn nie ein Ende?!?

Wir finden unterwegs vom Auto aus auch keine geeignete Stelle, wo wir unser Camp aufschlagen könnten und landen so schließlich in Nordkjosbotn an einer Tankstelle, ganz in der Nähe der Räucherhütte vom Hinweg. Hier stehen wir nun unter einem Dach in der Kälte, einfach nur noch ratlos beim Blick auf den strömenden Regen. Wo sollen wir nur hin?

Wir fragen an der Tankstelle eine Verkäuferin, ob sie eventuell einen trockenen Platz in der Nähe kennt, aber sie ist nicht von hier und empfiehlt uns ein Hotel, wo die Nacht 895 NOK (~120 € p.P.) kosten soll, wie wir dort später feststellen. Erst einmal gehen wir jedoch rüber zum Rema1000 und kaufen uns noch ein paar Brötchen und einen Becher heißen Kaffee zum Aufwärmen meiner eiskalten Hände. Wir fragen auch dort noch einmal nach einem trockenen Fleck für uns. Die Verkäuferin ruft daraufhin beim Campingplatz an, aber der hat zu dieser Jahreszeit schon geschlossen. Sie hätte jedoch auch selbst ein Apartement, das sie uns anbieten könne, wolle aber erst einmal mit ihrem Mann telefonieren. Wir schöpfen etwas Hoffnung, aber leider ist wohl ihre Tochter angereist und die Unterkunft damit belegt. Sie empfiehlt uns ebenfalls das Hotel, das aber wie schon vermutet zu teuer für uns ist. Und dann hat sie noch eine weitere tolle Botschaft für uns – es ist keine Wetterbesserung in Sicht!

Also laufen wir wieder einmal triefend nass die Straße entlang und halten den Daumen raus in Richtung Tromsø. Als wir schon überlegen, eine alte, halb verfallene Bretterbude als Unterschlupf für die Nacht zu beziehen, bietet uns ein Mann die Option, in seinem „Hundefänger“ mit nur zwei Sitzen mitzufahren. Einer von uns müsste dann jedoch im Laderaum auf der Radkappe sitzen. Da Micha sich im Gegensatz zu mir auf Englisch wenigstens unterhalten kann, nehme ich also hinten Platz, nicht ahnend, welch ein Höllentrip mich erwartet!

Ich stehe auf der Fahrt tausend Ängste durch und hätte keinen Pfifferling mehr darauf verwettet, dass ich noch einmal lebend dieses Auto verlasse. Denn erst als wir im Auto sitzen und er sich mit Micha unterhält, wird uns klar, dass unser Fahrer fast taub ist und das meiste von den Lippen liest. Deshalb dreht er sich immer wieder zu Micha, statt zur Straße die sowieso im Dämmerlicht bei strömendem Regen nur schwer zu sehen ist. Dazu fährt er mit einem Höllentempo und hat nie beide Hände am Lenkrad, schreibt beidhändig endlose SMS und telefoniert nebenbei, so dass ich mich nur noch wie betäubt an dem Fanggitter zwischen Passagier- und Laderaum festkralle. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was mit mir darin passiert, wenn wir einen Unfall bei der Geschwindigkeit haben… Selbst Micha wird mit der Zeit immer schweigsamer, als ihm klar wird, was mit unserm Fahrer los ist. Das einzig gute an der Situation ist, dass er über Bekannte für uns eine Hütte auf dem Campingplatz in Tromsdalen organisiert, die wir so zum Vorteilspreis von 400 NOK (~ 53 €) statt 750 NOK bekommen können. Dennoch bin ich mehrmals soweit, unserem Fahrer zu sagen, dass er uns rauslassen soll – egal wie sehr es da draußen schüttet! Ich habe in meinem Leben noch nie derart viel Angst gehabt, wie während diesen scheinbar endlosen 70 Kilometern. Als wir dann endlich in Tromsdalen auf dem Campingplatz ankommen bin ich sowas von heilfroh!

Die Hütte ist echt gemütlich – nur leider funktioniert die Heizung nicht richtig, so dass es nicht wirklich warm darin wird. Wir trinken deshalb erstmal einen heißen Cappuchino, bevor wir uns duschen gehen und danach das Abendbrot – Tomatennudeln und Schokoladenpudding – vorbereiten. Nach ein paar Runden Kniffel gehen wir gegen 23.00 Uhr zu Bett.

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