Lange vor Sonnenaufgang werde ich heute munter, schaue in den sternenfunkelnden Nachthimmel und schlüpfe dann leise nach draußen. Der Mond steht hell am Himmel und spiegelt sich im Wasser der Dollbek, die glatt und träge dahinfließt. Diese morgendlichen Stunden sind für mich die schönsten Stunden des Tages, wenn alles noch still ist um einen herum und am Horizont ganz sacht das erste zartrosa Schein das Erwachen des Tages ankündigt, wenn der Tau noch auf den Blättern glitzert und die Luft noch frisch und klar ist, von der Kühle der Nacht. Ganz langsam erwacht dann die Natur um mich herum mit all ihrem geschäftigen Treiben, mit Vogelgezwitscher, Rascheln im Gebüsch und den anderen Geräuschen des Tages.
Da sich jedoch in der Kohte beim Langschläfer Micha noch nichts rührt, kuschele ich mich anschließend auch noch einmal in den Schlafsack und schlafe wieder ein. Gegen 9 Uhr stehen wir dann aber endgültig auf – draußen lockt die Sonne und verspricht einen weiteren herrlichen Frühlingstag.
Die Morgentoilette findet heute im eisekalten Wasser der Dollbek statt und fällt – dementsprechend – ziemlich! kurz aus. Bei meinem Rückzug sinke ich plötzlich in einem Schlammloch bis zu den Knien ein. Ich kann mich zwar recht bald wieder aus dieser misslichen Lage befreien, aber natürlich bleibt einer meiner Crocs im Modder stecken. Ich versuche zwar noch, diesen zu bergen, aber er ist nicht mehr zu finden.
Micha bereitet derweil wieder das Frühstück zu – Bannocks mit Käse überbacken – lecker! Irgendwie hat sich so spontan gleich eine gewisse „Arbeitsteilung“ entwickelt – Micha kocht das Frühstück, ich bin dagegen für die knurrenden Mägen am Abend zuständig. In der Zwischenzeit räume ich schon in der Kohte auf und packe unseren Krempel zusammen.
Während wir uns unser Früstück schmecken lassen, taucht plötzlich mein Schuh wieder an der Wasseroberfläche auf – und ich bin ziemlich froh, denn in Bergstiefeln im Boot zu sitzen, das macht nicht wirklich Spaß und ist wegen der Nässe beim Ein- und Aussteigen auch nicht grad so geeignet.
Als wir nach dem Packen dann endlich im Kanu sitzen ist es schon nach 12 Uhr, aber was solls – es ist ja Urlaub! Wir fahren zunächst hinaus auf den Gobenowsee, den wir dann überqueren, um in die Drosedower Bek zu gelangen.
Die Drosedower Bek ist ein wunderschöner kleiner Wasserarm und bei diesem tollen Wetter macht es eine ungegheure Freude, hier draußen auf dem Wasser zu sein. Die kleineren Wasserarme sind jedoch auch ein Bisschen tückisch – als „Frontfrau“ im Kanu muss ich ständig die Augen offen halten, damit wir mit dem neuen Boot nicht irgendwo über einen dicht unter der Wasseroberfläche liegenden Baumstumpf oder ähnliches schrammen. Und nebenbei entdeckt man dann auch sonst noch so mancherlei Unschönes, zum Beispiel einige, vermutlich im diesjährigen harten Winter verendete Tiere, deren Kadaver jetzt nach der Eisschmelze zum Vorschein kommen. Allein in den vier Tagen auf dem Wasser sehen wir zwei tote Rehe und ein Wildschwein.
Im Anschluss an die Drosedower Bek fahren wir hinaus auf den Rätzsee, wo wir wieder sehr dicht an einige Haubentaucher herankommen. Wunderschöne Vögel sind das, wie sie elegant übers Wasser gleiten, ganz plötzlich auf einen Beutefang unter Wasser tauchen, um erstaunlich lange Zeit später, in einiger Entferung mit einem zappelnden Fisch im Schnabel wieder aufzutauchen.
Am Ufer des Rätzsees machen wir gegen halb 3 Uhr dann eine kleine Kaffeepause in der Sonne. Es ist unglaublich warm heute, wir können, sofern der Wind nicht allzu stark geht, sogar nur mit Shirt bekleidet paddeln. Und auch die Hosenbeine sind schon längst hochgeschlagen.
Eine Stunde später sind wir wieder auf dem Wasser und paddeln noch einmal durch die Drosedower Bek zurück zum Gobenowsee. Die Drosedower Bek ist so schön, dass Micha sie mir unbedingt zeigen wollte, obwohl wir unsere Route vom Rätzsee aus nicht fortsetzen können. Und deshalb sehen wir sie uns gleich nochmal rückwärts an. 😉
Anschließend führt uns unserer Route weiter über den Gobenowsee gen Osten – weiter zum Klenzsee und durch einen schmalen Bachlauf hindurch in einen letzten kleinen See, bevor wir erstmal kurz vor Wustrow stranden.
Hier steht uns eine weitere Portage bevor – mit Sack und pack laden wir das Kanu auf den Bootswagen und schieben und ziehen es zirka einen Kilometer (zum Teil direkt auf der Bundesstraße entlang!) bis hin zum Strand des Plätlinsees – bei der Wärme ist das eine ganz schöne Plackerei – zumal der Bootswagen auch kaum noch Luft auf den Reifen hat.
Wir halten uns jedoch nicht sehr lange auf – nur ein kleiner Snack zur Stärkung und etwas zu trinken, dann geht es schon weiter. Es ist bereits halb 6 Uhr und wir wollen noch einen schönen Lagerplatz finden, bevor es dunkel wird.
Das abendliche Licht ist einfach herrlich und das blau-gelb-blau aus Himmel, Schilf und Wasser verleitet immer wieder dazu, das Paddel beiseite zu legen und die Kamera zu nehmen. Wir durchfahren noch den komletten Plätlinsee, bis wir an dessen Nordufer in die kleine Schwanehavel einbiegen – ein weiteres Kleinod in dieser Mecklenburger Wasserlandschaft.
Und recht bald finden wir hier auch ein ruhiges kleines Plätzchen für unser Nachtlager, das wir dann auch noch im schönsten warmen Abendlicht einrichten können.
Danach räuchern wir noch einmal fleißig, bis sich der Rauch unseres Kochfeuers wie Bodennebel über die angrenzenden Wiesen legt und sich in Schaden darüber hinweg bewegt, als wäre er Nebel.
Unser Essen gibt es heute erst wieder nach Sonnenuntergang im Licht der Stirnlampen, dazu einen guten Schluck vom roten Beerensaft am Feuer – manchmal braucht man nur sehr wenig, zum Glücklichsein…
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